Jugendforum im Visier der Radikalen

“Trau schau wem”

Es gibt vielerorts Bedenken, ob und warum man mit der Polizei oder dem Verfassungsschutz zusammenzuarbeiten sollte. Der Fall in Bautzen zeigt aber auch durchaus berechtigte Gründe auf.

Gerade in Sachsen war der Aufschrei der zivilen Organisationen nicht zu überhören, als es um die Unterschreibung einer sogenannten “Demokratieerklärung” ging. Viele fühlten sich durch die Anforderung der Mittelvergabe unverstanden und sicher die meisten zurecht vor den Kopf gestoßen.

Doch es gibt immer zwei Seiten einer Medaille. Auf der einen Seite stehen die unermüdlich für den Erhalt der Demokratie arbeitenden Zivilorganisationen und auf der anderen Seite die Zuschuss ausgebende Verwaltung. Jede Seite hat ihre eigene Sicht auf die Dinge.

Die eine Seite möchte neben der möglichst freien Verwendung von Zuschussmitteln die öffentliche Akzeptanz und Anerkennung jedweder Vorhaben und die öffentliche Verwaltung ist auf den programmorientierten Einsatz der zur Verfügung stehenden Mittel bedacht. Ziel der Verwaltung ist also, dass die Zuschüsse nach dem jeweiligen Förderprogramm adressaten- und interessengerecht verteilt werden. Es soll also gerade nicht jeder und nicht jedes Vorhaben gefördert werden und genau hier fangen die Probleme an.

Die Verwaltung hat also die Aufgabe mittels eines Filters eine Auslese zu treffen. Für die Vergabe von Fördermitteln im Rahmen der Partnerschaft für Demokratie übernimmt dies für Projekte aus der Zivilgesellschaft der Begleitausschuss. Ein Teil des Begleitausschusses ist dabei das stimmberechtigte Jugendforum.

Für Projekte von Kindern- und Jugendlichen bestimmt das Jugendforum selbst über einen aus Fördermitteln bestehenden Etat. Mit der Besetzung des Jugendforums steht und fällt daher die zukünftige adressaten- und interessensgerechte Verwendung von Fördermitteln. 

Um ihrer Aufgabe im Sinne der Partnerschaft für Demokratie gerecht zu werden, muss die Verwaltung die Kandidaten für die Besetzung des Jugendforums filtern. Hier anscheinend mittels einer Demokratieerklärung. Leider ist solch eine Erklärung nur ein Scheinfilter und aus offensichtlichen Gründen nicht geeignet einen passenden Kandidaten zu finden, der Fördermittel in Zukunft programmgerecht ausgibt. Dies hat auch die Behörde in Bautzen erkannt und die Polizei und den Verfassungsschutz an ihre Seite gebeten. 

Und genau dies war der richtige Schritt!

Unser Liebstes ist uns wichtig und dies wollen und müssen wir schützen, daher trau schau wem.

Wenn wir unsere Kinder in die Kinderkrippe oder -garten abgeben, dann wollen wir ein gutes Gefühl dabei haben und darauf vertrauen können, dass unseren Kindern nichts passiert. Wir möchten daher Erzieher, die profunde Kenntnisse haben und die vertrauenswürdig sind. Für uns ist es als vertrauensbildende Maßnahme selbstverständlich, dass diejenigen, die direkt und hauptberuflich am Kind arbeiten ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen müssen.

Gerade wenn es um die Verteilung von öffentlichen Geldern geht muss auch die Behörde darauf vertrauen können, dass die Gelder von den Personen des Jugendforums zweckentsprechend vergeben und verwendet werden. Es ist daher grundsätzlich richtig nach Gründen, die in der Person liegen könnten geforscht wird, die geeignet sind, den Anschein der Vertrauenswürdigkeit zu widerlegen.       

Die Frage ist, ob die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses verbunden mit einer Verschwiegenheitserklärung nicht ebenso geeignet und damit verhältnismäßiger sein würden, bzw. ob die in Frage kommende Tätigkeit im Jugendforum eine “sicherheitsempfindliche Tätigkeit” im Sinne des Sächsisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz darstellt und damit eine Sicherheitsüberprüfung durch den Verfassungsschutz legitimieren würde.

Das Personal des Jugendforums hat im Sinne des SächsSÜG wohl weder Zugang zu erklärten Verschlusssachen, noch ist das Jugendforum ein sicherheitsrelevanter Bereich bzw. dazu erklärt wurden oder eine  lebens- oder verteidigungswichtige Einrichtung. Aufgrund der hohen gesetzlichen Hürde nach dem SächsSÜG für die Ausführung einer “sicherheitsempfindlichen Tätigkeit” ist die Sicherheitsüberprüfung ohne weitere gesetzliche Grundlage eher fragwürdig und kann daher nicht zur Bewerbungsvoraussetzung gemacht werden. 

So sehr das Ansinnen und die Beweggründe der Behörde nach der Überprüfung der Kandidaten für das Jugendforum nachvollzogen werden können, scheint doch nur ein Führungszeugnis das legitime Mittel der Wahl zu sein.

Da das zukünftige Personal des Jugendforums auch im Begleitausschuss stimmberechtigt sein wird, stellt sich die Frage, ob es sich eventuell dann um eine “sicherheitsrelevante Tätigkeit” im Sinne des SächsSÜG handeln könnte. Spätestens hier sollte dann aber auch geprüft werden, ob die Mitglieder des Begleitausschusses auch einer Sicherheitsüberprüfung der eigenen Person zugestimmt haben. Sollte dem nicht so sein, dann kann dies auch keine allgemeine Bewerbungsvoraussetzung für die Person des Jugendforums sein.

Soweit noch nicht geschehen, sollten vielleicht in Zukunft eingereichte Projektunterlagen als “VS Vertraulich” eingestuft werden, um mittels einer legitimen Sicherheitsüberprüfung von mit dem Thema befassten Personen, eine Unterwanderung durch Radikale zu vermeiden.

Jugendforum im Visier der Radikalen – Oberlausitzer Kurier vom 1.8.20