MÜTTER & SÖHNE von Karen Breece und Ensemble
Kunst und Kultur müssen nicht Antworten geben, aber anregen die richtigen Fragen zu stellen.
Am 21.09.19 fand ein Thementag über das “verstehen politischer Kategorien und rechter Ideologie” statt. Im Anschluss wurde das Stück “Mütter & Söhne” uraufgeführt.
Das Projekt “Mütter und Söhne” hat den Anspruch Fragen zu beantworten, zeitgemäße Fragen: “Warum radikalisieren sich junge Menschen? In Deutschland, aber auch weltweit, schüren die neue und die alte Rechte erneut Hass gegen Minderheiten und Fremde, predigen Gewalt und reden einer toxischen, kriegerischen Männlichkeit das Wort. Wer sind diese jungen Menschen und was wollen sie? Wird ihre Radikalisierung durch bestimmte familiäre Konstellationen begünstigt? Welche Rolle spielen die Mütter dabei, und welche die Väter? Wie gehen Mütter mit der Radikalisierung ihrer Kinder um?”
Karen Breece hat für ihr Stück intensiv recherchiert, insbesondere mit Neonazi-Aussteigerinnen und -Aussteigern, mit deren Familien; zu Menschen, die sich in Aussteigewilligen-Programmen engagieren; genauso aber auch zu Familien, die Opfer rechter Gewalt wurden. Karen Breece war auch bei Projekt21 II e.V. zu Gast und hat gemeinsam mit Michael Ankele und Christoph Sorge lange intensive Gespräche zu den Ursachen für einen Einstieg und den Beweggründen zum Ausstieg aus der Rechten Szene geführt. Auf der Basis vieler Interviews und Gespräche mit Expertinnen und Experten wurde das Stück “Mütter und Söhne” entwickelt und zur Eröffnung des “Neuen Hauses” auf die Bühne gebracht.
Konnte das Stück “Mütter & Söhne” seinem eigenen Anspruch genügen?
Der Tagesspiegel stellt nach der Uraufführung fest, dass es vermutlich zutreffend sei, dass “ein klassisches linksliberales, bildungsbürgerliches und mehrheitlich nicht mehr ganz junges Theaterpublikum die Netzwerke, Strategien und Mechanismen dieser Szene nicht kenne oder tatsächlich unterschätzte. Und genau daran ändert Breeces Abend: nichts.”
Hier stellt sich die Frage, ob es tatsächlich die Aufgabe eines Theaterstücks sein kann, in Detail zu den Ursachen und Beweggründen des Ein- und Ausstiegs Jugendlicher in die Rechte Szene, als auch umfassend über die Netzwerke, Strategien und Mechanismen der Szene aufzuklären. Sicher hat Karen Breece einen hohen Anspruch an sich selbst und an das Stück, aber ein Theaterstück ist in erster Linie der Kunst und Kultur verpflichtet. Es soll und kann daher schon aufgrund des Formates nicht thematisch vielschichtig in die Tiefe gehen. Wer so etwas möchte, muss andere Inhaltsformate besuchen. Ein Theaterstück kann bestenfalls künstlerisch einen Diskurs anregen aber keine tiefgründige Analyse liefern. Es wurden an dem Abend viele Fragen berührt und es werden immer viele Fragen offen bleiben und hinzukommen. Sieht man das Stück “Mütter & Söhne” in Verbindung mit dem informellen Thementag “RECHTES DENKEN EIN THEMENTAG ÜBER DAS VERSTEHEN POLITISCHER KATEGORIEN UND RECHTER IDEOLOGIE” hat der Thementag den Auftrag zur Beantwortung von Fragen umfänglich erfüllt. Das Stück alleine soll und muss es nicht tun. Es kann aber anregen, die richtigen Fragen zu stellen.