Brief der Schwester von F. – Szeneaussteiger

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich schreibe Ihnen, weil ich den Glauben an den deutschen Rechtsstaat als 15-jähriges Mädchen verloren habe. Denn mein großer Bruder, M. F. (ist zu) … Haft … verurteilt.

 

Mein großer Bruder war eine ganze Weile in der Neo-Naziszene integriert. In dieser Zeit hatte mitunter nur noch ich aus seiner Familie einen mehr oder weniger guten Kontakt zu ihm und dadurch weiß ich auch, wie er zu dieser Zeit vom Charakter und Wesen her war.
Dadurch kann ich nun mit gutem Gewissen sagen, dass er jetzt ein ehrlicher und guter Mensch geworden ist. Er nimmt sein Leben jetzt in die Hand und versucht immer sein bestes zugeben.

 

Ich löcherte ihn immer mit Fragen: Wieso und Warum? Doch meist gab er mir nur die Antworten, die ich auch schon im Internet gelesen hatte. Ich merkte schnell, dass diese Szene und seine so genannten Kameraden ihm nicht guttaten.

 

Heute geht er in Schulen und erzählt von seinem Tiefpunkt im Leben. Er erzählt von seiner „Kariere“ als Neonazi, was er da tat und was es für Konsequenzen bis jetzt hatte.

 

Ich selber merke es auch in meinem Wohnumfeld, in meiner Schule und auf der Straße, dass immer gehäufter Jugendliche sich der rechtsradikalen Szene zuwenden. Ich finde es nicht gut, dass man zuschaut wie die Jugend immer weiter in die braune Suppe verschwindet.

 

Doch das traurigste ist meiner Meinung nach, dass wir hier alleingelassen werden von den Politikern und von denen, die große Töne spucken, von wegen „Sachsen ist immun gegen Nationalismus“. Denn schaut man sich mal richtig um, wird man schnell merken, dass hier einiges aus den Bahnen läuft…

 

Mit freundlichen Grüßen,

C. F.