Einblicke in die rechtsextreme Szene

Einblicke in die rechtsextreme Szene

Von Jenny Ebert

Sächsische Zeitung

Freitag, 21. September 2007

Eine Wanderausstellung in Schleife befasst sich mit dem Thema Demokratie. In Sachsen gibt es bundesweit die meisten Rechtsextremen, an der Einwohnerzahl gemessen.“ Als Arlik Bauer vom sächsischen Landesamt für Verfassungsschutz am Mittwochabend mit diesem Satz die Veranstaltung im Schleifer Kulturzentrum eröffnet, gibt es im Publikum betroffene Gesichter. „Im Niederschlesischen Oberlausitzkreis ist es nicht ganz so krass wie zum Beispiel in der Sächsischen Schweiz, aber auch hier gibt es einen Landesverband der NPD und mehrere Kameradschaften.“ Demokratie und Extremismus Etwa 30 Leute sind gekommen, um sich den Themenabend „In guter Verfassung – frei sein, frei bleiben“ anzusehen. Er findet anlässlich einer Ausstellung zu Demokratie und extremistischen Gruppierungen statt, die noch bis Sonntag im Sorbischen Kulturzentrum zu sehen ist.

Seit einigen Jahren tourt diese Ausstellung durchs Bundesgebiet, 2001 entstand sie auf eine Initiative der Zivildienstschule Schleife hin – in Zusammenarbeit mit dem Landesverband für Verfassungsschutz und dem sächsischen Innenministerium. „Wir haben gemerkt, dass es ziemlich viele Demokratiedefizite gibt“, erklärt Evelyn Plachecki, amtierende Schulleiterin, den damaligen Gedankengang, „viel Unzufriedenheit und eine generelle Ablehnung vielen Dingen gegenüber. Das hat sicher auch was mit der DDR-Vergangenheit zu tun.“ Die Ausstellung war bis vor Kurzem im Cottbuser Rathaus zu sehen und steht ab kommender Woche wieder in der Zivildienstschule.

 Podiumsmitglied Michael Ankele von der Gesellschaft Bürger und Polizei in Bautzen (Anm.: Jetzt Vorsitzender des Vereins Projekt 21 II) hat an diesem Abend D. mitgebracht, einen Aussteiger aus der rechtsextremen Szene. Sieben Jahre war er dabei, mit zwölf in den falschen Freundeskreis geraten. „D. war als richtig gefährlich bekannt“, sagt Ankele über den jungen Mann, „wenn man ihn gesehen hat, hat man die Straßenseite gewechselt.“ „Ich hab’ mehrere Straftaten damals begangen, bis hin zur räuberischen Erpressung“, erzählt er.

Aber dann: „Seit 5,5 Jahren bin ich in dem Aussteigerprojekt von Herrn Ankele und habe seitdem nie wieder Straftaten begangen. Solche Projekte muss es mehr geben!“ Die Jugendlichen im Publikum hatten einige Fragen an D.: Ob er mit seinen ehemaligen Freunden Probleme bekommen hätte beim Ausstieg und was das Reizvolle an der rechten Szene sei. „Der Zusammenhalt in der Szene ist sehr attraktiv“, so D., „oft finden sich dort Leute, die es im Umgang mit anderen nicht leicht haben.“ Ein großes Problem ist, dass die NPD sich aus Gründen, die den Verfassungsschützern nicht klar sind, Sachsen als Modellland ausgewählt haben und sich hier besondern engagieren – vor allem in der Jugendarbeit. Arlik Bauer hält daher ein Verbot der NPD für sinnvoll: „Das würde der gesamten Szene einen schweren Schlag versetzen.“